Ihr Lieben (Schwestern und Brüder),
mich hat unser Besuch bei «Bruder Klaus» im Flüeli schon sehr bewegt.
Es hatte für mich den Charakter einer «Pilgerreise».
Ich glaube, sehr wichtig für mich aktuell, dass ich unsere
Spaziergänge im Ranft-Tal (Sachseln) gemeistert habe trotz kürzlicher
schlaganfälliger Gesundheitsprobleme.
Dann und wann war mir beim Spaziergang etwas schwindelig und
ich fürchtete, an meine Grenze zu kommen, einen erneuten Anfall
zu riskieren. Doch am Ende ging alles gut und es war für mich
ein gesundheitlicher Durchbruch, die Angst zu verlieren, denn
das Heimtückische an einem Schlaganfalls ist ja dieser
«Blitz aus heiterem Himmel» ohne Vorwarnung.
Etwas anderes ist es, dass ich Zeit meines Lebens selbst einen
Zug zur Einsiedelei hatte. Ich kann ganz gut für mich alleine (bin kein wirklicher «Familienmensch»).
Ich hatte schon vor Jahren das Gefühl, mein Seelen-Archetyp
sei der des Eremit. Das verbindet mich auch mit «Bruder Klaus».
Ich finde, dass die Schweizer diesen «National-Friedens-Heiligen» nicht
ins Übermenschliche überhöht haben, sondern seinen Leidensweg unbeschönigt aufgezeigt haben. Er ist ein symphytischer «Heiliger» (Vater von 10 Kindern) Man kann sich mit «Bruder Klaus» (1417 – 1487) gut identifizieren.
Es ist schön, dass dabei auch die Mutter Dorothee Wyss (zehn Kinder
geboren) angemessen gewürdigt wird. Es war sicherlich nicht nur
vor 600 Jahren ein Skandal, dass ein Mann seine große Familie
verlässt. Doch Dorothee hat ihn unterstützt, ihm seinen
Pilgermantel genäht. Sie hat ihren Mann «losgelassen» im Wissen
darum, dass er etwas Größerem dienen musste als seiner Familie.
Beide haben eine neue Bezieung zueinander gefunden: eine heilige.
Im Grunde müsste auch Dorothee heilig gesprochen werden,
denn sie war eine Heilige, beide als Heilige ein Paar, auch wenn sie nicht mehr im romantischen Sinne zusammen gelebt und das Bett geteilt haben, sondern eine «heilige Beziehung» geführt haben, vor allem eine «Seelen-Beziehung». Dorothee Wyss kommt mir vor wie die Schweizer Madonna als Mutter Gottes.
«Bruder Klaus» war auch ein Mystiker, der das göttliche Licht
in sich gespürt hat und diesem «Leuchtturm» gefolgt ist.
Jeder Mensch ist in seinem Wesen ein Mystiker auf dem Weg
der Berufung. Auch das Leben von «Bruder Klaus» bringt uns MYSTIK als etwas zutiefst Menschliches und der mystischen «dunklen Nacht der Seele» näher. Dabei begegnet einem Mystiker immer eine Gestalt, die man als «Teufel» zu erkennen glaubt: die Auseinandersetzung mit dem inneren Zweifel, die Verführung, den heiligen Weg zu verlassen.
Jetzt habe ich kürzlich eine Interpretation dieses Schweizer
Heiligen durch die «Grande Dame» der Schweizer analytischen
Psychologie erfahren: Marie-Luise von Franz (Schülerin von C.G. Jung). Manchmal wird «Bruder Klaus» ja auch als «Verrückter» dargestellt,
was M-LvF in die Schranken weist. Ja, «Verrückte» können irgendwann als «Heilige» erkannt werden. (Doch um Heilige zu ‹erkennen, muss man selbst ein Heiliger sein.)
Hier ihre Interpretation von Marie-Luise aus dem Jahre 1987
https://www.youtube.com/watch?v=JbKWSsuaT7Q
Der Film geht über 1:45:03, also fast zwei Stunden, doch ich denke, dass es sich lohnt, dieser sehr weise Interpretation zu lauschen. Das Interview ist aufgenommen, als M-LvF 72 Jahre alt war (1915 – 1998). Mich hat an diesem Interview fasziniert, wie klar ihr Geist war, obwohl ihr Körper schon etwas
erstarrt ist.
Bruder Jürgen
DANKE Bruder Hans-Peter, dass du uns dieses Erlebnis ermöglicht hast.
Das «Mandala» von «Bruder Klaus» – ganz anders als der «Gekreuzigte».
Vielleicht ein Symbol für die Neue Spiritualität.