Bei meinem heutigen Besuch auf YouTube wird mir ein Gespräch über das Thema «Wie werden wir in Zukunft lieben?» im Schweizer Fernsehen (SRF) «Sternstunde Philosophie» empfohlen. Am Ende stelle ich fest, dass es schon vor 4 Jahren gehalten wurde und bin einem unbekannten Algorithmus dankbar, dass er mir die Aufzeichnung heute empfohlen ist. Ein wirklich sehr schönes Gespräch, ohne Widerspruch!

Während des Gesprächs erinnere ich mich daran, dass ich meiner ersten Freundin Elke einen Liebesbrief mit Schreibmaschine geschrieben hatte unter dem Thema: «Die Gefahr der Liebe im Kapitalismus». Ich philosophierte darin über «Warenbeziehungen» und dass LIEBE keine Warenbeziehung sein dürfe! Ich war 19 und Elke 15.

Überraschenderweise hatte Elke diesen Brief gelesen, sich von ihrem Freund (mit dem sie «ging»), getrennt und stimmte meinem «Liebesangebot» zu. Wir waren wohl beide Intellektuelle! Elke war auf dem Mädchengymnasium tatsächlich Jahrgangsbeste, eine «Überfliegerin» und studierte später Medizin.

Ich selbst bin aber auch verblüfft über mein eigenes damaliges Bewusstsein. Ich glaube, es waren die ersten Bücher von Dieter Duhm, die meine kapitalistisch-kritische Einstellung zur Liebe geprägt haben – im Sinne von: «Warenstruktur und zerstörte Zwischenmenschlichkeit» (1974 in 2. Auflage).

Angenehm an dieser Interview war, dass zwar von «negativer Beziehung» die Rede war (eine Beziehung, die nie wirklich begonnen hat) und nicht von «toxischer Beziehung». Bei der Bezeichnung «toxische Beziehung» sträuben sich bei mir alle Haare, die ich noch auf meiner Pläte habe.