Mich hat gestern die Feier der Wiedereröffnung der Kathedrale Notre Dame in Paris völlig in den Bann gezogen. Ich habe Tränen vor Glück in den Augen gehabt und habe auch heute noch Probleme, in den sonntäglichen Alltag zurückzukehren, so überwältigt bin ich von meinen Gefühlen.

(c) Ludovic Marin auf RP ONLINE

Vorweg: Meine Mutter und meine zweite Frau hießen beide «Maria». Ich habe eine besondere Beziehung zu dem Namen MARIA als Frau und Mutter. Mich fasziniert auch die französische Küstenstadt «Saintes-Maries-de-la-Mer», an dem die drei Marias auf ihrer Flucht nach der Ermordung von Jesus über das Meer in Südfrankreich landeten: Gottesmutter Maria, Maria Magdalena und Maria Salome.

Irgendwo habe ich heute gelesen, Emanuell Macron sei zwar spirituell, aber nicht katholisch. Das würde ich auch von mir behaupten. Zwar bin ich in einem katholischen Elternhaus aufgewachsen (war auch Messdiener und Pfadfinder). Dann hat mich das ganze Thema der Kreuzritter eines anderen belehrt. Ich habe selbst einige Jahre bei Sohn und Enkeln in Südfrankreich in den Cevennen gelebt. Dabei habe ich auch die Garnionsstädte der Kreuzritter in Südfrankreich als Touristenhochburgen wie Carcassonne besucht, noch ganz verblendet. Später lernte ich, hinter die Kulissen zu schauen – und erfuhr vom Massaker der Kreuzritter gegen die Katharer im Mittelalter und später in den europäischen Religionskriegen gegen Hugenotten. Allein in Béziers wurden an einem einzigen Tag 1205 ca. 20.000 Kathaer (die REINEN) als christliche Sekte und «Ketzer» liquidiert. Die französischen Kreuzritter trainierten im Albigenser-Kreuzzug das Morden an ihren eigenen Landsleuten. Pfui Teufel!

Das zweite große Thema ist für mich: Macron und die politischen Führer! Er hat sein Versprechen wahr gemacht, innerhalb von fünf Jahren Notre Dame glanzvoller denn je wieder aufbauen zu lassen. Diese architektonische Meisterleistung kommt mir in der Gewichtung vor wie der Pyramidenbau in der Antike.

Dies über alle religiösen Grenzen hinweg gemeinsam zu feiern, zeugt für mich für die spirituelle Kraft Europas. Ganz ehrlich: Putin hat mir bei den Feierlichkeiten gefehlt. Trump selbst war nur der Schatten seiner selbst, als ob er auf Europa eifersüchtig wäre – und er stand nicht im Mittelpunkt! Wenn sich bei dieser Feier die großen Politiker der Welt die Hand zum Frieden gereicht hätten, wie seinerzeit in Münster zum «Westfälischen Frieden» nach dem Siebenjährigen Krieg in Europa – das hätte das ein neues Zeitalter des Friedens einläuten können. Leider ist diese Chance vertan! Und das macht mich sehr traurig.

Große politische Führer «in der Demokratie» können sich nicht nach leicht manipulierenden Mehrheitsmeinung richten. Und das kann sie leicht unpopulär machen. Dafür ist Macron ein aktuelles Beispiel dafür, dass «pure Demokratie» nicht wirklich funktioniert. Manchmal muss ein wahrer Politiker auch gegen das Volk reagieren – und wird dann verprügelt. Ich erinnere mich an das Buch von POPPER «Die offene Gesellschaft und ihre Feinde». Kann ein Volk selbst der Feind seiner eigenen Demokratie sein? (Natürlich assoziiere ich mit dieser Fragestellung auch in Deutschland die Weimarer Republik – Weimar, die Geburtsstadt meines Vaters.)

Puhh, mir geht heute viel durch den Kopf. Aber vor allem gratuliere ich dem französischen Volk für seine Meisterleistung! Ich könnte alle Franzosen persönlich umarmen, so gewaltig sind meine Gefühle!

Nachtrag:
Irgendwie magisch: Mein Sohn und meine Enkel leben in Südfrankreich, meine Tochter in Münster; ich in der Schweiz, der Friedensoase in Europa.