Es war fast der «Schock meines Lebens», dass mein Sohn (in nicht ganz nüchternem Zustand) mir einmal offenbart hat, dass er sich nie geliebt gefühlt hat. Das hat wohl etwas mit meiner Untersuchung über meinem eigenen Narzissmus zu tun, wenn ich mich jetzt daran erinnere! Ich lese, dass die Erfahrung des Nicht-Geliebtseins meistens bei den eigenen Eltern beginnt: von den eigenen Eltern nicht geliebt zu sein. Ich sage es einmal pointiert: Die Kinder von Narzissten müssen durch den Mangel an Eltern-Liebe selbst Narzissten werden.

Das Foto hat mein Vater Joachim gemacht. Es war schon auffällig, dass ich meinen Bart mit der Geburt meines Sohnes habe wachsen lassen: Mit Bart war ich Vater.

Arne ist heute als Erwachsener (44 Jahre, Vater von 2 Kindern) selbst – ich sage es wieder pointiert: beziehungsunfähig. Ein Mann mit viel Charm, ein Frauenschwarm, kann sich leicht verlieben, aber keine Beziehung auf Dauer halten. Was habe ich da an meinen Sohn «weitervererbt»?!

Umgekehrt beginne ich mich zu fragen, ob ich mich als Kind von meinen Eltern geliebt gefühlt habe. Spontan würde ich sagen: NEIN. Mein Vater war eher der «abwesende Vater», erst kurz vor seinem Tod haben wir uns einmal in den Arm genommen. Bei meiner Mutter Maria war es eher umgekehrt: Ich hatte als Kind das Gefühl, sie ersticke mich mit ihrer Liebe – als Kompensation für die mangelnde Liebe zwischen unseren Eltern. Ich war für meine Mutter wohl als kleiner Prinz die «Ersatzliebe». Und ein anderes Gefühl: Ich glaube, meine Mutter (als Dorfschönheit) war dann in der Großstadt Leverkusen ein sehr ängstlicher Mensch. Irgendwann wurde mir bewusst: Meine Lebensängste sind die meiner Mutter. Und ich kann mich an das Gefühl erinnern – als ob es gestern gewesen wäre, dass meine erste Frau Renate (die Mutter von Arne) mich mit ihrer Liebe ersticken würde! Heute würde ich für dieses Gefühl nicht Renate verantwortlich machen, sondern mich selbst.

Und ich habe den Eindruck, dass ich meiner Lebenswahrheit näher komme: «Bekenntnisse eines Narzissten»! Was mir auch auffällt: Ich würde hemmungslos sagen: Ich liebe meine Eltern! Doch auch das wäre typisch: die eigenen Eltern idealisieren, um dem Blick auf die Elternwunden zu entgehen. Als Jugendlicher war ich (als Wassermann) «Revoluzzer». Mein Vater hatte Verständnis («Junge Männer müssen Revoluzzer sein.») Für meine Mutter war es unerträglich: Sie hat mich mit 17 aus dem Elternhaus emotional erpressend rausgeschmissen: «Du gehst über Leichen!» – «Du bist nicht mehr mein Sohn!»